Die Dienstleister und Agenturen der digitalen Wirtschaft suchen händeringend nach qualifizierten Mitarbeitern (dasauge berichtete). Der Personalbedarf ist derzeit auf dem höchsten Stand seit sechs Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Langzeitstudie, die der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. heute veröffentlicht hat.
Im Rahmen des Acht-Jahres-Vergleichs der Erhebung zur Honorarumsatz-Liste «New Media Service Ranking» werden ökonomische, technologische und marktspezifische Entwicklungen untersucht. Demnach ist der Aufwärtstrend der Branche nachhaltig. Die Unternehmen gehen jedenfalls davon aus, dass neben den Mitarbeiterzahlen, die um rund 16 Prozent steigen sollen, auch die Umsätze im laufenden Jahr weiter steigen. Die Prognose der Umsatzsteigerung beläuft sich auf rund 22 Prozent.
«Sollte es eines weiteren Belegs für die dramatischen Züge, die der Fachkräftemangel in unserer Branche inzwischen angenommen hat, bedürfen, so liefert ihn die Langzeitstudie zum New Media Service Ranking», so Marco Zingler (denkwerk), Vorsitzender der Fachgruppe Agenturen im BVDW. In der Tat stimmten die meisten Befragten der Aussage «Es ist schwierig geeignetes Personal zu finden» zu, der Durchschnittswert lag hier bei 3,9 von 5 möglichen Zustimmungspunkten. Ähnlich deutlich fiel das Urteil der befragten Unternehmen in Sachen Hochschulangebot aus. Der überwiegende Teil der Agenturen und Dienstleister sieht das Angebot hinsichtlich der Anforderungen der Branche als nicht genügend an (3,5 Punkte im Durchschnitt). Vor diesem Hintergrund ist auch die Bereitschaft der Unternehmen wieder gestiegen, ältere Mitarbeiter einzustellen.
«Web 2.0»-Anwendungen dominieren
Bei den Trends dominieren wie zu erwarten das «Web 2.0» und nutzergenerierte Inhalte (4,92 bzw. 4,89 Punkte), die der BVDW fälschlicherweise unter «Anwendertechnologien» kategorisiert hat. «Über kein anderes Thema wird derzeit so kontrovers und intensiv diskutiert», so Stefan Bessing (T-Systems Multimedia Solutions), stellvertretender Vorsitzender der Fachgruppe Agenturen. «Das wird auch ganz sicher noch einige Zeit so bleiben. In jedem Fall aber spüren viele Dienstleister schon jetzt, wie die veränderte Nutzung und die neuen Anwendungen ihrem Tagesgeschäft Rückenwind geben.» Nicht ganz so hoch, aber dennoch als bedeutsam stufen die Befragten Streaming/WebVideo und elektronisches Lernen ein.
Internet-Investitionen weiter auf hohem Niveau
Die wichtigste Medienplattform für die Dienstleister bleibt das Internet (4,9 Punkte), das gilt auch in dieser Deutlichkeit seit Beginn der Befragung. Mobile Dienste (2,9 Punkte) und Print-Publikationen (2,7 Punkte) folgen mit respektablem Abstand. Interaktiv/Digital-TV konnte weiter Boden gut machen (2,1 Punkte) und ist damit inzwischen für die Agenturen und Dienstleister genauso bedeutungsvoll wie CD-Rom (2,3 Punkte) oder Kiosksysteme (2,1 Punkte). Nur leichte Veränderungen haben sich bei der relativen Bedeutung der Geschäftsfelder ergeben. Immer noch sind die Bereiche Design (27 Prozent), Programmierung (22 Prozent) und Beratung (17 Prozent) die wichtigsten Tätigkeitsbereiche der Multimedia- und Internetdienstleister. In den letzten zwei Jahren hat dabei die Bedeutung der gestalterischen und beratenden Tätigkeiten etwas zugenommen (um jeweils ca. zwei Prozent), während die individuelle technische Programmierung in gleichem Masse in ihrer Bedeutung abgenommen hat.
Wirtschaft wichtigster Auftraggeber
Mit Abstand bleiben Wirtschaftsunternehmen (81 Prozent, plus acht Prozent gegenüber 2006) die wichtigsten Auftraggeber der Multimedia- und Internetbranche. Die Investitionsbereitschaft wird nach Auffassung der Agenturen in diesem Jahr weiter steigen und stabilisiert sich auf einem hohen Niveau. «Es zeigt sich, wie nachhaltig die positive Entwicklung der Digitalen Wirtschaft ist», so Marco Zingler. «Die Sorge, dass es sich um einen neuen Hype handeln könnte, ist vollkommen unbegründet. Ale Indikatoren deuten auf ein anhaltendes Wachstum.» So sind die Befragten auch in Sachen Börsengang wieder etwas optimistischer. Waren sie vor vier Jahren noch überwiegend der Meinung (durchschnittlich 3,4 von 5 Punkten), dass der Weg an die Börse auf Jahre versperrt ist, wird das anno 2007 weitaus weniger skeptisch beurteilt (durchschnittlich 2,4 Punkte).
Präsentationshonorare üblich
Die Entscheidung, ob Honorare für Wettbewerbspräsentationen verlangt werden, machen die Agenturen in der Regel vom Einzelfall abhängig (61 Prozent). Unüblich sind Präsentationshonorare nur für 11,6 Prozent der befragten Unternehmen. Die Zertifizierung von Qualitätsstandards konnte in ihrer Bedeutung in den letzten Jahren leicht zulegen (3,1 gegenüber 2,9 Punkte im Jahr 2004). Die Betrachtung der Selbstbeschreibung verdeutlicht, dass sich das Selbstverständnis der Agenturen in den letzten Jahren verändert bzw. weiterentwickelt hat. Hat sich vor sechs Jahren noch mehr als jedes zweite Unternehmen als «Multimedia-Agentur» gesehen (55 Prozent), lassen aktuell nur noch 11,5 Prozent diese Beschreibung für sich gelten. Neben «Internet-Agentur» (26,5 Prozent) konnte sich die Bezeichnung «Agentur für digitale Kommunikation» (19,5 Prozent) auf Anhieb den zweiten Platz unter den Selbstbeschreibungen sichern. «Das dokumentiert, dass für die Unternehmen die Technologien heute weniger als Selbstzweck gesehen werden, sondern vor allem hinsichtlich ihres Nutzwertes beurteilt werden», resümiert Stefan Bessing.