Dem Universalkünstler Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) ist eine umfassende Ausstellung im Berliner Kulturforum gewidmet. Unter dem Titel «Karl Friedrich Schinkel. Geschichte und Poesie» werden ab Freitag (7. September) rund 300 Exponate des Architekten, Malers, Zeichners, Bühnenbildners und Designers präsentiert. Es gebe kaum ein Genre, mit dem sich Schinkel nicht befasst habe, meint der Direktor des Kupferstichkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin, Heinrich Schulze Altcappenberg. Erstmals könne das Werk Schinkels in dieser Vielfalt gezeigt werden, weil es nach dem Mauerfall wieder zusammengeführt worden sei.
Die Schau solle Schinkel aus dem «Schatten der Architektur» herausholen, betonte der Kurator. Denn in allen von ihm bedienten Sparten sei Schinkel «meisterlich» gewesen. Der Künstler habe in regelrechter Rastlosigkeit gelebt, fügte Schulze Altcappenberg hinzu. Heute würde man Schinkel wohl als einen «Workaholic» bezeichnen.
Schinkel gilt als einer der einflussreichsten und bedeutendsten Architekten des 19. Jahrhunderts. Seine Bauwerke wie das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, die Neue Wache unter den Linden oder das Alte Museum prägen noch heute das Stadtbild Berlins, wo er 1841 starb. Gleichermassen aber machte er sich als Innenarchitekt, Maler und Bühnenbildner einen Namen.
Bühnendekorationen, Sessel und Bilderrahmen
Die Ausstellung im Kulturforum ist in neun Bereiche unterteilt und zeigt das gesamte Spektrum von Schinkels vielfältigem Schaffen. Bei der Zusammenstellung der Schau konnte Kurator Schulze Altcappenberg gewissermassen aus dem Vollen schöpfen, denn das Kupferstichkabinett hütet seit der Wiedervereinigung mit 5.500 Zeichnungen und Druckgrafiken die umfassendste Sammlung an Schinkel-Werken. So können die Besucher Entwürfe und Studien zu Bauten, Bühnendekorationen und Möbeln Schinkels bewundern.
Was aus den Entwürfen geworden ist, dokumentieren zahlreiche Exponate. So zeigt die Ausstellung Stühle nach den Ideen des Meisters. Kostbare Einzelstücke – wie ein prunkvoller Sessel – kommen aus dem Kunstgewerbemuseum. Auch individuell und in Serie hergestellte Schinkel-Rahmen nebst Entwürfen sind zu sehen.
Neben Skizzen habe Schinkel auch genaue Konstruktionszeichnungen für die Handwerker geliefert, betonte Schulze Altcappenberg. Zudem werden 14 Gemälde gezeigt. Neben dem Werk «Der Morgen» hängt die Skizze, mit der Schinkel die erste Komposition des Bildes festlegte. Auf anderen Zeichnungen gibt er die detaillierte Innendekoration von Gebäuden vor – samt Tapeten und Regal-Gestaltung – beispielsweise für eine Marzipanhandlung im damaligen Königsberg.
Person Schinkels in all seinen Facetten
Ein Höhepunkt der Ausstellung sind die Bildnisse von Schinkels Kindern, die sonst im amerikanischen Saint Louis Art Museum zu sehen sind. Sie entstanden in den Jahren 1816/1817. Den Erkenntnissen nach handelte es sich um ein grosses Bild, was jedoch nie fertig geworden war. Es soll noch von der Familie Schinkel in die drei Porträts zerschnitten worden sein, die nun in ovalen Rahmen im ersten Raum der Berliner Schinkel-Ausstellung auf einer gelben Wand hängen. Das vierte von Schinkels Kindern war damals noch nicht geboren. Diese erste Sektion beschäftigt sich mit der Person Schinkels in all seinen Facetten, erläuterte Schulze Altcappenberg. Neben Selbstporträts und einem Skizzenbuch wird auch ein Totenbild gezeigt – flankiert vom ärztlichen Krankenbericht. Der 60-Jährige sei bereits Jahre vor seinem Tod geschwächt gewesen, berichtete der Kurator. Dazu hätten ihn mehrere Schlaganfälle ereilt.
In einem weiteren der neun Bereiche stellt die Schau die wichtigsten Bauten in Berlins Mitte vor, darunter ein neues Grossmodell des Alten Museums neben den originalen Entwürfen. Schinkels Bühnenbilder werden in üppiger Breite gezeigt. Ein sogenanntes mechanisches Schaubild vom Brand Moskaus wurde ebenfalls extra für die Berliner Schau rekonstruiert. Genau vor 200 Jahren brannte während der Besetzung Napoleons die Stadt – von der russischen Militärverwaltung als strategische Massnahme gegen die Besetzung Moskaus veranlasst. Wenige Monate später inszenierte Schinkel den «Brand von Moskau» in einem Schaubild mit beweglichen Kulissen und zahlreichen Licht- und Geräuscheffekten, das von den Berlinern damals begeistert aufgenommen wurde.
Ausstellung
Bis zum 6. Januar 2013 ist die Ausstellung im Berliner Kulturforum (Sonderausstellungshallen) und dann ab 1. Februar in München in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung zu sehen. Die Schau ist sozusagen das Finale des vom Kupferstichkabinett betriebenen Forschungsprojekts «Das Erbe Schinkels». Das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt hat die konservatorische Sicherung und die Erforschung der 5.500 Werke ermöglicht. Im November soll der gesamte Bestand als Online-Katalog ins Internet gestellt werden.