1. Deutscher Mediatag provoziert Werbemarkt

1. Deutscher Mediatag (Key Visual)

Neuen Zündstoff in dem alten Streit um Effizienz und Effektivität in der Werbeplanung lieferte der 1. Deutsche Mediatag, der heute in München stattfand.

Das wohl heisseste Eisen packte Uli Bellieno, Bellieno Consulting, Ahrensberg, an – und trug so dem Kongressmotto «inspirierend, visionär, provokativ» Rechnung. Vor 250 Gästen aus Wirtschaft und Medien sorgte er mit seiner Forderung nach einem Relaunch des Werbemarktes für reichlich Diskussionsstoff. Aber auch die anderen Veranstaltungen des 1. Deutschen Mediatags trugen zu einer gelungenen Premiere mit provokanten Thesen und revolutionären Konzepten bei. Mit dem Kongress hat der Veranstalter, media & marketing aus dem Europa Fachpresse Verlag, ein Bedürfnis des Marktes aufgegriffen und nach dem Deutschen Mediapreis den zweiten wichtigen Treffpunkt für die Branche ins Leben gerufen. «Veränderung braucht Diskussion und Provokation! Deshalb wollen wir den Werbestrategen mit dem Deutschen Mediatag eine eigene Plattform bieten und sie einladen, jenseits ausgetretener Pfade neue Ideen zu entwickeln», erklärt Dr. Jochen Kalka, Chefredakteur media & marketing. Podiumsdiskussionen und Vorträge zeigten bekannte Themen in neuem Licht.

So entwarf Uli Bellieno ein neues Marktkonzept für das Mediageschäft: Bisher finanzieren Mediaagenturen ihre Leistungen teilweise aus intransparenten Rückvergütungen der Medien – so genannten Kickbacks -, da Kundenhonorare durchschnittlich kaum die Hälfte der tatsächlichen Unkosten der Agenturen decken. Der Nachteil für die Kunden: Die Planungsempfehlungen der Agenturen werden davon beeinflusst, welches Medium ihnen die besten Kickbacks offeriert. Diese Praxis in der Grauzone möchte Bellieno durch eine einheitliche Honorierung der Agenturleistung mit drei Prozent des Buchungsvolumens durch die Medien ersetzen, die in etwa die Kosten der Agenturen deckt. Hinzu kommt eine flexible, leistungsorientierte Prämie der Werbekunden. So soll der Fokus wieder auf die Qualität der Strategie und der Planung gelenkt werden – unabhängig vom Renditedenken der Agenturen. «Die Agenturen hätten so endlich eine kalkulierbare Refinanzierungsgrundlage. Sie könnten unbeeinflusst von Einkaufs-Faktoren strategiegerecht planen», erklärt Bellieno. Für Kunden werde sich damit in finanzieller Hinsicht nichts, in qualitativer Hinsicht jedoch vieles verändern.

Auch Chris Ingram, Gründer und Vorstandschef von The Ingram Partnership, London, griff das Stichwort Qualität auf. Der prominente Branchenkenner forderte Kommunikationsstrategen und Agenturen auf, das «Big Picture» nicht aus den Augen zu verlieren. Das gelte nicht zuletzt auch für Medienhäuser, die sich zu content-orientierten Multi-Plattform-Anbietern entwickeln müssten. Sein Plädoyer für mehr Qualitätsbewusstsein – und zwar bei allen Playern des Werbemarkts – verband er mit dem Appell, sich vor allem an den Bedürfnissen des Konsumenten zu orientieren. Für die auch unter Werbekunden grassierende Discountdenke zeigte er wenig Verständnis. Ingram: «Hüten Sie sich vor demjenigen, der den Preis von allem und den Wert von nichts kennt.»

Die Bedürfnisse des Konsumenten in diesem Markt standen im Mittelpunkt der Betrachtung der Verhaltensforscherin Dr. Christiane Tramitz von HumanLink in Berlin. Mit einem überraschenden Blick auf Fernsehverhalten und Medienwahrnehmung begab sich Tramitz auf die Suche nach dem unbekannten Fernsehzuschauer. «Wellness-TV» war das Schlagwort, mit dem sie vor vorschnellen Annahmen in punkto Programm-Qualität warnte. TV-Konsum bedeute für viele Konsumenten einfach Entspannung; Trash werde zum Freizeitluxus, Qualität im klassischen Sinne als anstrengend empfunden.

«Content stays king» – Peter Christmann, Vorstand Sales & Marketing der ProSiebenSat.1 Media AG und Vorsitzender der Geschäftsführung der SevenOne Media GmbH, forderte eine Rückbesinnung auf Qualität bei den Inhalten. Sein Blick auf «Medien und Werbung 2015» thematisierte die Veränderungen durch die Digitalisierung: Traditionelle Marktstrukturen brechen auf, der Wettbewerb der Plattformen verschärft sich, neue Geschäftsmodelle entstehen. Christmann: «Die Digitalisierung forciert die Konvergenz der Medien – vor allem die Bildschirm-Medien TV, Online und Mobile wachsen zusammen. Und auch die Werbung wird durch digitale Technologien interaktiv, persönlich adressierbar und regionalisierbar. TV wird zum Direct-Marketing-Kanal.» Der dramatischen Veränderung von Mediennutzungsgewohnheiten widmete sich auch Yvonne Drewanz, Global Media Manager BMW Group. Vor allem mobile und digitale Dienste, die eine individuelle Ansprache ermöglichen, gewinnen laut Prognosen bis 2007 an Reichweite. Gerade die grossen Werbungtreibenden investierten verstärkt in Direct Marketing Aktivitäten und CRM-Massnahmen wie personalisierte Mailings und E-Mails. Targeting heisst das Zauberwort: Dabei gehe es mehr und mehr darum, Werbung und Marketing so zielgruppengenau wie möglich einzusetzen. Massenkommunikation hingegen sei ein Auslaufmodell, so Drewanz.

Der 1. Deutsche Mediatag ist eine Veranstaltung der Fachzeitschrift media & marketing und wurde als Kongress für Werbestrategen im Vorfeld der preisverleihung des Deutschen Mediapreis konzipiert. Unter dem Motto «inspirierend, visionär, provokativ» bietet der erste Deutsche Mediatag eine ideale Plattform für den Austausch von Fakten, Fragen und Visionen zu relevanten Themen im Bereich Medien und Marketing.

Parallel zur Tagung startet die Nachwuchs-Initiative – eine ganztägige Fortbildung für die Youngsters. Die Veranstaltung bietet geballtes Experten-Wissen zu Print, Fernsehen, Hörfunk und mehr. Bei der Nachwuchs-Initiative treffen die Experten von heute auf Entscheidungsträger von morgen.

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