Schlechte Erfahrungen mit Praktika

2 Beiträge:

#1

Für einen Artikel – ich bin freier Journalist – suche ich Berufseinsteiger, die schlechte Erfahrungen mit Praktika gemacht haben. Entweder gab es nichts zu tun oder es wurde eine Vollkraft gesucht, die einfach nur schlecht oder gar nicht bezahlt werden sollte/konnte.

Wichtig: Es sollte jemand aus dem Norden, am besten sogar aus Hamburg, sein.

Freu mich auf viele Rückmeldungen, denn soweit ich bisher gelesen habe, gibt es da viele Agenturen, die mit Praktikanten viel Geld sparen. Stimmt das?

normand

#2

Hallo,
im Dezember 2005 fand ich im Internet eine ausgeschriebene Stelle in einem Architekturbüro in Hamburg. Bei dieser Stelle handelte es sich um eine Position im Archiv. Ich brachte meine Bewerbungsunterlagen persönlich dort vorbei. Der Abteilungsleiter bat mich sofort zum Gespräch und war erstaunt aber auch erfreut über meine Initiative. Meine Aufgabe sollte darin bestehen, die vorhandenen Akten elektronisch zu konvertieren, sprich sie zu scannen und in einem elektronischem Archiv zu speichern und zu verwalten. Im Gespräch wurde mir angeboten drei Wochen lang als Praktikant zu arbeiten, anschließend besteht die Möglichkeit auf Übernahme, vorausgesetzt die Leistung stimmt. Ich erhielt vom zuständigen Arbeitsamt die Genehmigung für die drei Wochen ein Praktikum zu absolvieren. Auch war mir bekannt, dass ich meinen Arbeitsplatz erst selbst einrichten musste. So erschien ich dort am ersten Tag. Mir wurde mein Arbeitsplatz, das Archiv gezeigt, das war alles. Am Arbeitsplatz befand sich außer einem Tisch, einem Stuhl und einem PC mit Windows XP Home nichts. Zuerst besorgte ich mir also alle Utensilien, die für meine Arbeit notwendig waren, wie z.B. Stifte, Schere usw. Ich stellte fest, dass ich keinen Serverzugang hatte und auch das Archivierungsprogramm fehlte. Anfangs wurde ich per W-LAN mir dem Server verbunden. Dass Programm war nicht auffindbar und musste angefordert werden. Als es nach ein paar Tagen eintraf wurde es installiert, aber jetzt fehlte der dazugehörige Zugangscode. Es dauerte einen weiteren Tag bis dieser eintraf und ich theoretisch mit dem Programm arbeiten könnte. Dieses war jedoch nicht mit XP Home kompatibel. Also musste ich XP Professional neu installieren. Während dieser ganzen Zeit bereitete ich alle Akten, die zuerst gescannt werden sollten zum scannen vor. Das hieß, alle Klammern und Falten, sowie Knicke aus den Blättern entfernen. Es war ein ganzer Regalstrang. Beim scannen stellte ich fest, dass der ganze Vorgang zu lange dauerte und auch der Scanner zu empfindlich war. Ich musste jedes Blatt beim Einzug mitführen, damit es nicht zerknittert oder schräg eingezogen wurde. Nach ein paar Tagen tauschte ich mein Gerät mit dem eines Mitarbeiters. Dann fiel meine Verbindung zum Server aus. Ich kümmerte mich darum, dass mir ein Kabel zum Server gelegt wurde. Von da an schaffte ich es, mehr als die doppelte Anzahl zu scannen. Jeden Tag reinigte ich den Scanner, zum erstaunen der Mitarbeiter, kurz vor Feierabend. Alle Mitarbeiter und auch der Abteilungsleiter waren von meiner Arbeit mehr als zufrieden, zumal ich in keiner Weise eingearbeitet wurde, sondern mich von Beginn an um alles selbst gekümmert habe. Kurz vor Beendigung des Praktikums fragte ich den geschäftsführenden Inhaber, ob ich mit einer Festeinstellung rechnen könne. Der erkannte meine Leistung auch hoch an und berichtete auch von den lobenden Berichten der Mitarbeiter. Aber er hätte noch anderen sein Wort gegeben diese bei einem Praktikum zu testen und da wäre es unfair ihnen keine Chance zu geben, obwohl es wohl keiner schaffen würde meine Leistung zu toppen. Zu 90% wurden wir uns aber im März wieder sehen. Ich brach mein Praktikum dann einige Tage früher ab, mit der Begründung, dass mir jetzt die Motivation fehle. Die Mitarbeiter meinten, ich solle doch öfter mal nachfragen, ob schon eine Entscheidung gefallen sei. Als ich das dann auch tat, erfuhr ich erstaunliches. Die Personen, den der Inhaber sein Versprechen gab, hatten abgesagt oder waren nicht erschienen. So hat er sich also irgend jemand anderen gesucht. Nachdem der sein Praktikum beendet hat ist schon vom nächsten Praktikanten die Rede. Ich sagte dem Kollegen dort, dass ich nicht mehr anrufen werde, da ich nun nicht mehr damit reche fest eingestellt zu werden.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer werden mir auch die Gründe für das Verhalten des Geschäftsführers. Einer der Mitarbeiter, es muss ein guter Bekannter oder Verwandter sein, hat den ganzen Tag nichts zu tun, sitzt entweder nur beim Chef oder erledigt irgend welche Hilfstätigkeiten, wie Einkaufen oder Papier schreddern. Dieser Mann wird aber bezahlt. Der Chef selbst muss sein Haus abbezahlen und seine Frau schickt ihre privaten Rechnungen an die Firma.

Hier wird niemand fest eingestellt und das Unternehmen saniert sich über Leute, die wie ich, in der Hoffnung sind wieder ins Berufsleben einsteigen zu können. Er braucht noch nicht mal ein schlechtes gewissen zu haben, denn was er tut ist schließlich nicht illegal. Auch die Arbeitsagentur ist an solchem Gebaren in keiner Weise interessiert. Ich persönlich kann nach dieser Erfahrung nur jeden davon abraten sich als Praktikant einspannen zu lassen, es sei denn, es ist Bestandteil einer Ausbildung.

Bei bestehendem Interesse bin ich gern bereit den Namen des Unternehmens und des geschäftsführenden Inhabers zu nennen.

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