Die 21-Jährige Fotografin Alice Smeets aus Eupen im deutschsprachigen Ostbelgien ist die jüngste Preisträgerin des seit dem Jahr 2000 weltweit ausgeschriebenen Wettbewerbs «Unicef-Foto des Jahres». Ihr Siegerbild zeigt ein Mädchen im grössten Slum der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Obwohl es zwischen Dreck und Unrat leben muss, trägt das Kind ein sauberes weisses Kleidchen und dazu passende Schleifen im Haar, während es barfuss durch den Matsch läuft. «Das Bild führt uns den Lebensmut und die Energie eines Mädchens vor Augen, das mitten im Elend aufwächst. Kinder in den ärmsten Verhältnissen beweisen oft grosse Stärke», sagte Unicef-Schirmherrin Eva Luise Köhler bei der Preisverleihung am Donnerstag in Berlin.
In diesem Jahr reichten dafür 128 von internationalen Experten vorgeschlagene Fotografen aus 31 Ländern insgesamt 1450 Bilder ein. Die Jury unter dem Vorsitz von Klaus Honnef, Professor für Theorie der Fotografie, bestimmte einen ersten, zweiten und dritten Platz sowie elf ehrenvolle Erwähnungen. Unicef prämiert mit der Auszeichnung zum neunten Mal Fotos von hohem künstlerischem und fotojournalistischem Niveau, die die Lebensumstände von Kindern illustrieren.
Das Siegerfoto
Das Unicef-Foto des Jahres 2008 ist Teil einer Serie über das Aufwachsen in Haiti, die Alice Smeets bei zwei Reisen in das karibische Land fotografiert hat. In den Wellblechverschlägen im schlimmsten Slum der Hauptstadt Port-au-Prince, in dem Alice Smeets das Foto des Jahres aufgenommen hat, leben oft bis zu zehn Menschen. Sie teilen ihren Lebensraum mit Malariamücken und schwarzen Schweinen, einer besonders widerstandsfähigen Haustierrasse. Die Tiere ernähren sich vorwiegend von Abfällen und sind für die Besitzer meist das einzige Kapital. Cité Soleil heisst das Elendsquartier, Stadt der Sonne. Der Name besage, dass man hier nur überleben könne, wenn die Sonne scheint, so die Bewohner. Denn während der Regenzeit fallen die primitiven Hütten häufig ganz in sich zusammen.
Die weiteren Auszeichnungen
Zweiter Preisträger ist der israelische Fotograf Oded Balilty, Associated Press (AP). Sein Foto nahm er zehn Tage nach dem katastrophalen Erdbeben in der chinesischen Provinz Sichuan am 12. Mai 2008 auf, bei dem 70.000 Menschen ums Leben kamen.
Der dritte Preis geht an den ungarischen Fotografen Balazs Gardi, VII Network, Alexia Foundation, für sein Bild eines Mannes im Nordwesten von Afghanistan, der ein verletztes Kind im Arm hält. «Kollateralschaden» nennt Balazs Gardi seine Fotoserie, die er im Korengal-Tal in der Kunar-Provinz aufgenommen hat. Nach Einschätzung von Gardi ist dies für Soldaten der US-Armee einer der gefährlichsten Aufenthaltsorte der Welt, weil Taliban-Truppen die Vorherrschaft übernommen haben.
Der Wettbewerb «Unicef-Foto des Jahres»
Unicef zeichnet Fotos und Fotoreportagen aus, die die Persönlichkeit und die Lebensumstände von Kindern weltweit auf herausragende Weise dokumentieren. Eine Empfehlung durch einen renommierten Fotoexperten ist Voraussetzung für die Teilnahme an dem Wettbewerb. Für das Siegerfoto gibt es als Anerkennung einen Fotoreportage-Auftrag für «GEO».
Über die Preisvergabe entschieden 2008 Klaus Honnef, Professor für Theorie der Fotografie, als Vorsitzender der Jury, Ruth Eichhorn, Leiterin der Bildredaktion «GEO», Lutz Fischmann, Geschäftsführer der Fotoagentur Freelens e.V. in Hamburg, Bernd von Jutrczenka, Leiter dpa-Bilderdienste, Christian Pohlert, Leiter Ressort Bild der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», Prof. Rolf Nobel, Leiter Studienrichtung Fotografie, FH für Design und Medien Hannover und Reinhard Schlagintweit, Ehrenmitglied des Deutschen Komitees für Unicef.