Der schmale Schacht führt in die Dunkelheit und endet auf einem kleinen Platz. Hier eröffnen sich sechs schwach beleuchtete Flure – Hinweise, was am Ende der gekachelten Gänge zu erwarten ist, fehlen jedoch. Sprichwörtlich verloren im Raum ist somit der Besucher der Hamburger Kunsthalle, wenn er in der Installation «Dead End Heedfeld» von Jan Köchermann steht. Sein Werk ist eines von knapp 120 Exponaten der Ausstellung «Lost Places – Orte der Photographie», die ab Donnerstag (7. Juni) in der Kunsthalle zu sehen sind.
«Man schwankt als Betrachter immer hin und her zwischen wirklichem Raum und vorgetäuschter Realität», sagt Köchermann. Dabei seien viele Elemente seiner Arbeit tatsächlich fiktiv. «Die Kacheln etwa sind nur mit schwarzem Textmarker aufgemalt», sagt der Künstler. Hinter seinem Werk steht wie bei nahezu allen Ausstellungsstücken die Frage der subjektiven Wahrnehmung von Räumen. Dabei spielt neben optischer Täuschung und Irritation auch die Bedeutung von Örtlichkeiten im digitalen Zeitalter eine Rolle.
Augen und Ohren gefordert
Etwa neun Monate haben die Kuratorin Petra Roettig und ihre Assistentinnen Luisa Fink und Andrea Völker die Ausstellung vorbereitet. Dabei haben neben namhaften Vertretern der Düsseldorfer Schule wie Andreas Gursky und Candida Höfer auch junge Künstler wie Tobias Zielony oder Sarah Schönfeld einen Platz unter den insgesamt 19 vertretenen Künstlern gefunden. Eine Chronologie in den Ausstellungsräumen gebe es dabei nicht, das sei Absicht, sagt Roettig.
Bei der Zusammenstellung der Exponate haben sich die Ausstellungsmacher nach Angaben der Kuratorin Roetting auf fotografische Arbeiten konzentriert. Dennoch finden auch zahlreiche Videoarbeiten ihren ganz eigenen Raum in der Ausstellung, darunter das dreiteilige Werk des israelischen Künstlers Omar Fast über illegale Immigranten und Installationen wie die von Köchermann. Ziel ist, dass der Besucher wie bei «Dead End Heedfeld» selbst aktiv werden muss, um das gesamte Werk zu erfahren.
Unbehagen erwünscht
ine Künstlerin, die dabei mit der Wahrnehmung des Betrachters bis aufs Äusserste spielt, ist Alexandra Ranner. In einem vermeintlichen Nachbau ihres Schlafzimmers wird der Besucher auf die Probe gestellt. Steht er vor einem Spiegel oder nicht und wenn nicht, was ist es dann? Dabei arbeitet die Berliner Installationskünstlerin neben visuellen auch mit akustischen Reizen, um die Irritation des Zuschauers zu verstärken.
«Ranners Arbeit strahlt auch etwas Unheimliches aus», sagt Roettig. Der Raum wirklich bedrohlich. Die mögliche Gefahr des leeren Raumes sei ein Aspekt, den auch andere Künstler aufgriffen. So etwa Jörn Vanhöfen, der sich oft an verbotene Orte schleicht und sie heimlich fotografiert. Dabei stünde das Unheimliche im Gegensatz zu der Idee eines Raumes als Zuhause und Stabilität, sag Roettig. Vielleicht sei dieses Raumkonzept aber in der heutigen Welt auch schon Geschichte.
Ausstellung
Die Ausstellung «Lost Places – Orte der Photographie» öffnet am Donnerstag (7. Juni) um 19.00 Uhr und endet am 23. September in der Galerie der Gegenwart der Hamburger Kunsthalle. Die Kunsthalle ist dienstags bis sonntags von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr und donnerstags bis 21.00 Uhr geöffnet. Eintrittskarten für die Kunsthalle kosten normal zwölf Euro, ermässigt fünf Euro.