Werberat: 18 Prozent mehr Kampagnen beanstandet

Kampagne fürs «Deutsch»-Magazin
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Der Werberat hat im letzten Jahr 82 Kampagnen beanstandet – 18 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Erneut konnte der Werberat den Rückzug oder die Abänderung einzelner Werbesujets bei den betroffenen Unternehmen erreichen.

Der Deutsche Werberat hat heute in Berlin seine Jahresbilanz über Verbraucherbeschwerden aus dem Jahr 2007 vorgelegt. Insgesamt hatte der Werberat im Jahr 2007 über 269 Werbeaktivitäten zu entscheiden, zu denen aus der Bevölkerung Beschwerden aus unterschiedlichen Motiven eingegangen waren.

18 Prozent mehr Kampagnen beanstandet

Von den eingegangenen Beschwerden beanstandete das Gremium 82 Kampagnen, 18 Prozent mehr als im Jahr zuvor (63 Werbeaktivitäten). Als unbegründet bewertete der Rat die Kundenkritik an 187 Werbemassnahmen, weil sich die Proteste überwiegend aus extremen Ansichten der Beschwerdeführer ableiteten. So erregte sich ein Zeitungsleser über die Werbebeilage einer Discounterkette. Die hatte Wurstwaren mit dem Slogan präsentiert: «Ex-Vegetarier gesteht: Jetzt esse ich wieder Wurst». Das Bild zeigte einen Mann mit Schwarzbalken über der Augenpartie. Dem Vorwurf, da würden Vegetarier als Verbrecher vorgeführt, konnte der Werberat nicht folgen.

Erneut konnte das Gremium den Rückzug oder die Abänderung einzelner Werbesujets bei den betroffenen Unternehmen erreichen. Bei 79 der 82 vom Rat kritisierten Werbesujets folgten die Firmen dem Werberatsurteil unmittelbar. Das entspricht einer Durchsetzungsquote von 96 Prozent.

Rüge: Loch im Kleid mit Blick auf die Scham

Nur in drei Fällen kam es zur öffenlichen Rüge, weil die Unternehmen zunächst der Aufforderung des Werberats zur Korrektur der Werbung nicht folgten. «Die Öffentliche Rüge geht als Mitteilung an die Redaktionen der Massenmedien. Diese Disziplinarmassnahme kann das Image einer Firma erheblich negativ treffen», so Wiegmann.

Alle drei im vergangenen Jahr verhängten Rügen betrafen den Vorwurf der Diskriminierung von Frauen. So bewarb das Münchener Unternehmen Erotic World Handels GmbH ein DVD-Angebot auf Schaufensterplakaten, das ein weibliches Gesäss mit einem Brandmal und hochgereckten Beinen zeigte. Quer über das Plakat war ein rauchendes Brenneisen abgebildet.

Den Vorwurf, Frauen zu Sexualobjekten zu degradieren, handelte sich auch die Firma ISAS Gebrüder Schmidtlein (Büttelborn) ein. Sie bewirbt im Internet ihr «Ratgeberportal für zwischenmenschliche Kontakte» weiterhin mit Slogans wie «So bekommst Du jede Frau ins Bett» und «Noch heute hast Du Spass mit einer Frau» – die Rüge zeigte hier also nicht den gewünschten Erfolg.

Die dritte Rüge betraf den Möbelhändler Heuberg-Wagner GbR in Bremen-Neustadt. Eine Anzeige bildete zu der Zeile «Wenn etwas fehlt» ein weibliches Model ab, dessen Rock im Genitalbereich so ausgeschnitten war, das er den Blick auf die Scham freigab.

Eigenwerbung in der Kritik

Nach Branchen zog die Eigenwerbung der Medien die meiste Kritik auf sich. So protestierte eine Frau gegen den Spot für das Show-Format «Schlag den Raab – ich suche Gegner, keine Opfer» mit der Begründung der Verharmlosung von Gewalt. Der Werberat verwies darauf, dass die Vokabel «Schlagen» im Sinn von Wettkampf benutzt worden sei und nicht in Bezug auf Gewalttätigkeit. Weitere in die Kritik geratene Branchen waren vor allem die Unterhaltungselektronik, Kommunikationstechnik, Alkoholwerbung und das Kreditgewerbe.

Schwerpunkt Frauendiskriminierung

Protestschwerpunkt war wie in den Jahren zuvor der Vorwurf von Frauendiskriminierung. Er betraf 38 Prozent der vom Werberat beanstanden Werbesujets (Vorjahr 38 Prozent). So versuchte das Magazin «Deutsch» mit einem Bild in einer Zeitungsanzeige auf sich aufmerksam zu machen, das ein Model in vermeintlich beischlafähnlicher Pose mit einem Schäferhund zeigte (dasauge berichtete). Der Werberat griff ein: Das Motiv aus der von Jung von Matt/Neckar konzipierten Kampagne war «frauendiskriminierend und ethisch nicht tragbar». Das Bild verschwand vom Markt.

Die weiteren Motive von Beschwerden waren unter anderem der Vorwurf der Verharmlosung von Gewalt (12 Prozent), die Verletzung religiöser Gefühle (6 Prozent) und Gefährdung von Kindern und Jugendlichen (8 Prozent).

Probleme mit «Öko»

Öko ist zwar gut für das Geschäft, weil viele Kunden neben Qualität, Preis und Beratung immer stärker bei ihrer Kaufentscheidung auch auf ökologische Aspekte achteten. Umweltargumente in der kommerziellen Werbung müssten aber nachvollziehbar sein, damit sie nicht als manipulative Trickserei missverstanden werden, mahnt der Vorsitzende des Deutschen Werberats, Hans-Henning Wiegmann. Anderenfalls baue sich eine neue Streit-Quelle zwischen Kunden und Unternehmen auf, die der Akzeptanz von Werbung schade. Bisher seien Umweltschutz und umweltbezogene Aussagen in der Werbung noch kein Grund für die Verbraucher, sich beim Werberat zu beschweren. «Mit zunehmender Menge der Werbung mit Öko-Argumenten könnte sich das rasch ändern», befürchtet Wiegmann.

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