Die diesjährige Photokina läutet ein neues Jahrzehnt in der sich rasant weiterentwickelnden Fotografie ein. Die Digitaltechnik hat eine gigantische Veränderung für die Erstellung, die Bearbeitung, den Austausch und die Nutzung von Fotos mit sich gebracht. Zusätzlich hat sie eine Konvergenz der früher unterschiedliche Technologien verwendenden Medien herbeigeführt. Für das internationale Treffen der «World of Imaging» vom 21. bis 26. September 2010 in Köln zeichnen sich weitere Weichenstellungen für den Fotomarkt und das Bild als Informationsträger ab.
Kompakte Systemkameras mit Wechselobjektiven
Erst vor zwei Jahren auf der Photokina vorgestellt, entwickelt sich die jüngste Kategorie des Kameramarktes zum Innovationsführer der Fotografie. Sie macht nicht nur die Kameras kleiner und leichter, sondern auch ihre Bedienung einfacher, ohne dabei der Qualität und Flexibilität der Spiegelreflexwelt zu entsagen. Der Verzicht auf Spiegelkasten und Pentaprisma – wie etwa beim Micro-Four-Thirds-System ermöglicht völlig neue Kamerakonzepte, die in Zukunft die Welt der Fotografie noch mobiler, kreativer und vielseitiger machen wird.
Bildsensoren sorgen für schnellen Autofokus
Waren es bei den Spiegelreflexkameras gesonderte Sensoren, die das Motiv zur Schärfenfindung analysierten und so den schnellen Autofokus auf Basis der Phasendetektion ermöglichten, wird bei den spiegellosen Kameras bisher über den langsamer arbeitenden Kontrastautofokus scharf gestellt. Versagt die Phasendetektion bei zu dunklen oder zu hellen Motiven, benötigt der Kontrastautofokus länger zur Ermittlung der Schärfe. Neue Hybridsysteme, die zusätzlich separate Pixelpaare auf den Sensoren für die Bilderfassung für die AF-Steuerung nutzen, werden die automatische Scharfstellung bei den spiegellosen Kameras noch rasanter machen.
Hybride Wackelbremsen
Verwacklungen gehören nach wie vor zu den häufigsten Aufnahmefehlern. Um unter nahezu allen Umständen ein scharfes Foto zu erhalten, werden die Techniken der Bildstabilisation immer komplexer und unterstützen sich gegenseitig. So nutzen Kameras die Motiverkennung, um ausreichend hohe ISO-Werte für so kurze Verschlusszeiten zu verwenden, dass sich die Gefahr einer möglichen Verwacklung reduziert. Zudem gibt es optische und mechanische Techniken, die auf Basis der Bewegungsmessung, die Verwacklung ausgleichen. Auch Multi-Shot-Techniken werden eingesetzt, bei denen in schneller Folge zusätzliche Aufnahmen gemacht werden und auf Basis der Bewegungsmessung der Versatz der Bildpunkte kompensiert wird. Durch die Kombination der verschiedenen Bildstabilisatoren wird das Verwackeln von Fotos schon bald der Vergangenheit angehören.
Die dritte Dimension
Mit dem Durchbruch von 3D ging ein lang gehegter Traum für Film- und Fotofans in Erfüllung. Immer wieder haben Wissenschaftler, Forscher und Entwickler versucht, die 3D-Technik für alle zugänglich zu machen. Auf der Photokina 2010 werden 3D-Kameras, -Camcorder, -TV-Geräte, -Projektoren, -Spielekonsolen und -Computerspiele die Eroberung der dritten Dimension feiern.
Objektive für die neue Sicht der Dinge
Die Digitalfotografie stellt neue Ansprüche an die Augen der Kameras. Nahezu telezentrische Konstruktionen, deren Bildstrahlen senkrecht auf den Sensor fallen, erhöhen die Bildqualität. Gläser, Kunststofflinsen und asphärische Linsenformen werden immer leistungsstärkere und kompaktere Objektive mit grossen Brennweitenbereichen, hohen und konstanten Lichtstärken sowie verbesserter Reflexfreiheit durch Nano-Vergütungen ermöglichen. Extreme Weitwinkel- und Telebrennweiten zwischen 14-mm-Weitwinkel und 600-mm-Tele (bezogen auf das Kleinbild) werden keine sündhaft teuren Exoten bleiben.
Wo finde ich den Sucher?
Der Kamerasucher wird die Wahl des Motivausschnitts nicht mehr nur über eine Linsenoptik realisieren, sondern zunehmend elektronische Displaytechnologien nutzen. Flexibel dreh- und schwenkbare Displays und verstellbare E-Sucher werden nicht nur Aufnahmen aus ungewöhnlichen Perspektiven erleichtern, sondern auch die Beurteilung der Bildwirkung bei unterschiedlichen Aufnahmeparametern ermöglichen. Kabelgebundene und kabellose externe Sucher werden die Motivbeurteilung auch aus grösseren Distanzen zum Aufnahmesystem ermöglichen.
Vom entscheidenden Augenblick zur Bildsequenz
Bestimmte bisher das Erwischen des entscheidenden Augenblicks die Qualität einer Fotografie, so tragen heute kurz hintereinander geschossene Bildserien zum erfolgreichen Ergebnis bei – auf die Spitze getrieben in Canos Studie «Wonder Camera». Ausgeklügelte Software-Algorithmen verknüpfen nicht nur überlappende Einzelaufnahmen zu faszinierenden Panoramen, sie dehnen die Schärfe, gleichen Kontraste aus und ermöglichen rauscharme Fotos selbst bei schwacher Beleuchtung. Wie bei einem Puzzle sucht sich die Software aus den unterschiedlichen Einzelaufnahmen die besten Details, um sie zu einem neuen Bild wieder zusammenzusetzen.
Wer, wo, was?
Wer ist das? Wo war das? Was ist das? – Was der Fotograf vielleicht vergisst, merkt sich die Kamera. Gesichtswiedererkennung, Motiverkennung und Ortsbestimmung sind für die Kameras von morgen, wie sie auf der Photokina 2010 gezeigt werden, kein Problem mehr. Kameras identifizieren Personen und ihre Mimik. Sie wissen, um welches Gebäude es sich bei einem Motiv handelt und wo es aufgenommen wurde. Immer mehr Kameras haben integrierte Systeme, mit denen sie sich über GPS und weitere Systeme den Aufnahmestandpunkt merken und daraus auch auf das Gebäude, das fotografiert wurde, ziehen können. Kennt die Kamera eine Person erst einmal, dann weiss sie auch, wo sie sich in einer Gruppenaufnahme befindet und kann auf Wunsch sogar Belichtungs- und Schärfenpriorität bei einer neuen Aufnahme auf sie legen.
Ein wertvolles Hilfsmittel für die Erfassung von Aufnahmestandpunkten ist das Global Positioning System (GPS). Aber es gibt auch andere Methoden, wie etwa das deutlich präzisere, europäische Galileo-System oder die Ortung über WLAN-Stationen. Ob die Erfassung bei der Aufnahme oder die nachträgliche Zuordnung von Koordinaten – neue Techniken und Karten werden Alternativen zur GPS-Ortsinformation liefern. Über intelligente Verknüpfungen mit dem Internet wird der Fotograf weitere interessante Informationen über alles Wissenswerte im Umfeld seines Standpunktes erfahren.
Konvergenz von Foto und Video
Die Zeiten, als Film und Foto zwei Welten waren, sind vorbei. Nahezu jede Fotokamera kann heute auch filmen und jeder Camcorder fotografieren. Auch die gemischte Wiedergabe auf den unterschiedlichen Monitoren als crossmediale Bilderschau ist möglich. Um das Ganze noch emotionaler zu gestalten, ist auch die Vertonung von Fotos und Filmen möglich. Das ist durch integrierte oder externe Mikrofone entweder schon in der Kamera oder aber auch per Nachbearbeitung über entsprechende Software und Zuspielquellen möglich. Dabei liefern nicht nur die Topmodelle Foto- und Videoqualität, die professionellen Ansprüchen entspricht.
Die Kamera zur Bildbearbeitung
Die kreative Nachbearbeitung der Bilder erfolgte bisher meist gesondert am Rechner. Immer mehr Kameras verfügen über integrierte Software, die eine Optimierung und Bearbeitung der Fotos und Videos schon im Gerät ermöglicht. Neben Ausschnittsbestimmung, Helligkeits-, Kontrast- und Farbanpassung verfügen Kameras heute auch über kreativ einsetzbare Effektfilter. Sie können die Bilder zu einer mit Musik unterlegten Präsentation zusammenstellen oder sie für die spätere Verwendung kennzeichnen. Sogar eine Fotobuchfunktion gibt es, über die der Fotograf schon direkt nach der Aufnahme festlegen kann, was mit den Fotos bei der Übertragung auf den heimischen Rechner passieren soll. So lassen sich etwa die Ordner bestimmen, in die Fotos und Videos übertragen werden sollen, ob man sie auf einer Online-Plattform haben möchte oder sogar welche, die gleich automatisch in die Fotobuchsoftware übernommen werden sollen.
Aus der Kamera in die Welt
Immer mehr Kameras werden zukünftig weder PC noch Notebook benötigen, um Fotos über das Web mit anderen zu teilen. Integrierte Funktechnologien wie WLAN oder Bluetooth gestattet die drahtlose Verbindungsaufnahme direkt vom Aufnahmestandpunkt. Möglich machen das unterschiedliche Konzepte, die auf integrierte Techniken setzen oder wie es die Konnektivität über Zubehör, wie etwa spezielle Speicherkarten, ermöglichen.
Speicherkarten statt Festplatten
Die jüngste Generation der Speicherkarten zeigt, wohin die Zukunft dieses ebenso winzigen wie vielseitigen Speichermediums geht. Da werden theoretische Kapazitäten in der Grössenordnung von Petabytes vorgesehen und Transferraten ermöglicht, mit denen sich hochauflösende Videobilder in Realtime darstellen lassen. Die hohe Sicherheit der Flashspeicher-Technologie, der kompakte Formfaktor und die in rasanten Schritten wachsenden Kapazitäten machen dieses Medium zum vielseitigsten Datenspeicher überhaupt.
Rühr mich nicht an
Berührungsempfindliche Bildschirme haben die Steuerung technischer Geräte vereinfacht. Das Scharfstellen von Kameras durch Antippen des Motivdetails, auf dem die Schärfe liegen soll und das Auslösen durch Fingerzeig hat gerade den Markt erreicht, da kündigen sich schon berührungslose 3D-Steuersysteme an, die per Gestenerkennung Geräte, wie Kameras, Fernseher, Bilderrahmen oder PC-Anwendungen, steuern.
Photokina 2010
Für die Photokina 2010 rechnen die Veranstalter – Koelnmesse und Photoindustrie-Verband – mit über 1.300 Anbietern aus etwa 50 Ländern. Erwartet werden mehr als 160.000 Besucher aus aller Welt, die sich über die neuesten Produkte und die Trends von Morgen informieren wollen.