Insgesamt gingen 258 Beschwerden über konkrete Werbeaktivitäten verschiedener Unternehmen beim Deutschen Werberat ein. Jede vierte wurde daraufhin zurückgezogen oder geändert. Die Anzahl der einzelnen Proteste hat sich gegenüber dem Jahr 2004 etwas verringert. Während sich 2005 788 Personen und gesellschaftliche Institutionen beschwerten, waren es im Jahr davor noch 929.
«Die Wirtschaft passt inzwischen besser auf, dass sie in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen wird. Sobald es aber grenzwertige Kampagnen gibt, lagen sofort Beschwerden bei uns ein», erklärt Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Insgesamt gebe es den gesellschaftlichen Trend der «neuen Bürgerlichkeit», dem sich auch die Unternehmen anpassen.
Die Branche der Medien steht nach wie vor am stärksten im Kreuzfeuer der Kritik. Mit 36 beanstandeten Werbeaktivitäten lagen sie 2005 neuerlich an der Spitze. So hatte ein Fernsehsender für eine neue Serie im Friseur-Milieu mit einem Spot geworben, in dem ein Papagei mittels Haarspray angezündet wurde und verbrannte. Der Werberat sah wie der Beschwerdeführer in dieser Filmsequenz eine Verharmlosung von Gewalt gegenüber Tieren. Der Sender zog den Spot daraufhin aus dem Verkehr.
Weit weniger Proteste gab es gegen Kampagnen der Alkoholindustrie. Die Firmen agieren mittlerweile seriöser. Während es 2004 noch 12 Beschwerdefälle gegeben hatte, waren es im vergangenen Jahr nur noch drei. Auch die Diskriminierung von Frauen in der Werbung nimmt offenbar ab. Die einzelnen Proteste reduzierten sich um rund ein Drittel von 347 (2004) auf 216 Eingaben beim deutschen Werberat. Grundsätzlich wendet sich die Werbung auch mehr und mehr vom Thema Erotik ab, was sich ebenfalls auf einen allgemeinen gesellschaftlichen Trend zurückführen lässt.
Drei «Rügen» hat der Werberat 2005 ausgesprochen: eine ging an einen Mobilfunkanbieter, in dessen Werbespots eine als Gorilla verkleidete Person Passanten Mobiltelefone raubt (Bild), und gleich zwei an eine Zeitarbeitsfirma, die auf ihrer Webseite und in einem Trailer Arbeitslose als Dummköpfe vorführt. Eine solche öffentliche Rüge erhalten Unternehmen, wenn sie trotz Beanstandung durch den Werberat nicht bereit sind, die betreffende Werbemassnahme zu ändern oder zu stoppen. Im Falle des Mobilfunkanbieters versuchte das Unternehmen gar, die Rüge als PR-Aktion mit dem Titel «Gorilla hilft» auszuschlachten.
Ein neues Konfliktfeld könnte die Darstellung älterer Menschen in der Werbung werden. Um dem vorzubeugen, warne der deutsche Werberat bereits jetzt vor Fehltritten, so Nickel. «Ältere Menschen legen viel Wert auf Würde und diese muss dann auch seitens der Wirtschaft gewahrt werden.»