Neustart für AgfaPhoto-Chemie

Klassischer Kleinbild-Film

Die mittelständische a&o-Gruppe konsolidiert das Geschäft der insolventen AgfaPhoto: Wenigstens die Produktion von Chemikalien für alle marktgängigen Filme und Papiere im Ex-AgfaPhoto-Werk Vaihingen soll weitergehen.

Nach der Ausgliederung der Foto-Sparte von Agfa musste die neu gegründete AgfaPhoto GmbH nach nur sieben Monaten Insolvenz anmelden. Im Verlauf des Insolvenzverfahrens zerschlugen sich die Hoffnungen, das Unternehmen als Ganzes zu retten. Nur kleinere Geschäftsfelder fanden Interessenten. «Ich bin froh, dass die a&o Gruppe mit dem Kauf der chemischen Fabrik in Vaihingen am 1. November des vergangenen Jahres und der Gründung der a&o imaging solutions GmbH rund 50 Mitarbeitern des Vaihinger Werkes ein neues Zuhause bieten kann. Als mittelständischer Unternehmer fühle ich mich meinen Mitarbeitern gegenüber besonders verpflichtet.», so Michael Müller, Geschäftsführer der a&o-Gruppe mit Sitz in Neuss und Potsdam.

Müller wies darauf hin, dass sogar Konzerne oder Traditionsunternehmen wie Agfa von mittelständischem Know How profitieren könnten. Schliesslich habe man das vor über einem Jahr unter Beweis gestellt, als die a&o-Gruppe die IT-Siemens-Tochter Sinitec übernommen habe. «Die Alternative dazu ist häufig das Engagement von sogenannten Private-Equity-Firmen. Diese Finanzinvestoren, von manchen auch Firmenjäger genannt, haben prall gefüllte Kassen und schauen sich vor allem in Baden-Württemberg nach geeigneten Übernahmekandidaten um», sagt der Mittelständler, dessen über 1.000 Mitarbeiter starkes Unternehmen auf IT-Dienstleistungen spezialisiert ist. Im Gegensatz zu den «Heuschrecken» sei die a&o-Gruppe an einem langfristigen Engagement interessiert. «Ich kann mit der Philosophie dieser Finanzinvestoren nicht viel anfangen. Bei einigen geht es ja nur darum, auf Schnäppchenjagd zu gehen, die Unternehmen möglichst schnell auszuschlachten und dann wieder zu verkaufen. Mit Unternehmertum und Marktwirtschaft hat das wenig zu tun. Unter dem Strich vernichtet das Private-Equity-Geschäft sehr viele Arbeitsplätze und auch Kapital», kritisiert Müller.

Müller äusserte sich auch zu den künftigen Geschäftsplänen der Fotosparte. Die Produktion von Chemikalien für alle marktgängigen Filme und Papiere, die für die Entwicklung von Fotos notwendig sind, gehe in Vaihingen weiter. Die bisherigen technischen Kompetenzen seiner Gruppe sollte auf Foto-Labor-Geräte ausgedehnt werden, insbesondere auf die weltweit eingesetzten Agfa-Verarbeitungsmaschinen. Neu und einmalig sei es, den technischen Full-Service gleichzeitig mit der Versorgung der Apparate mit Chemie aus Vaihingen zu komplettieren. «Auch wenn unsere Unternehmungen weiterhin auf dem Kerngeschäft basieren werden, so können wir den Bereich der Organischen Chemie spürbar ausbauen und sind auch bereit, Fremdprodukte herzustellen», so Müller. «it und Imaging schmelzen immer stärker zusammen, so dass sich die Kernkompetenzen von a&o und den übernommenen Teilen der AgfaPhoto perfekt ergänzen.» Müller betonte, dass man 2006 auch verstärkt die internationalen Märkte bedienen wolle. Mit den jüngsten Umfragen, die ein Ende des klassischen Fotos prognostizieren, geht der Mittelständler hart ins Gericht. Wie das Meinungsforschungsinstitut Infotrends ermittelte, verändere die digitale Fototechnik das Nutzungsverhalten. So sollen angeblich über 60 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass die heutige Jugend in ein paar Jahren weit weniger Abzüge bestellen wird als ihre Eltern.

«Wer bei einem komplexen Sachverhalt mit simplen Ja/Nein-Antwortvorgaben arbeitet, könnte auch gleich fragen, ob man lieber arm oder reich sein wolle. Hier fehlt die demoskopische Qualität. Die digitale Fotografie erweitert die Anwendungsmöglichkeiten für die Nutzer. Printabzüge werden auch in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen. Das zeigt sich an der starken Nachfrage nach Minilabs, den sogenannten Ein-Stunden-Labors für die Entwicklung von digitalen Fotos. Auch der Absatz von Fotodruckern zieht enorm an», so Müller. Die Umfrageprognosen von Infotrends würden den Visionen vom papierlosen Büro ähneln. «Das Gegenteil ist eingetreten. Auch bei der Fotografie werden diese Unkenrufe ins Leere gehen. Denn die Zahl der Fotos, die mit Digitalkameras aufgenommen wird, hat sich erheblich erhöht. Und die besten und gelungensten Schnappschüsse gehen nach wie vor in die Fotoentwicklung», so das Resümee von Müller.

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